UPDATE
Der Fall 'Wörth am Rhein' hat gezeigt, dass es auch anders geht:
kein einziges Tier musste sterben. Weder durch behördliche Anordnung, noch durch das Virus selbst!
Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Fritz Brechtel,
wir kennen uns zwar nicht persönlich, denn ich wohne über 400 km von Wörth entfernt, dennoch ist es mir ein dringliches Anliegen, Ihnen etwas zu der geplanten Keulung der mehr als 500 gesunden Tiere in Wörth mitzuteilen. Ich erwarte keine Antwort von Ihnen auf meine E-mail, ich hoffe nur, meine Worte regen ein wenig zum Nachdenken an, und beeinflussen Ihre Entscheidung zum Wohl der betroffenen Tiere.
Ich bin selber erfolgreiche Rassegeflügelzüchterin einer vom Aussterben bedrohten alten Nutztierrasse, und Geschäftsführerin des VHGW, dem Dachverband der Hühner-, Groß- und Wassergeflügelzüchtervereine zur Erhaltung der Arten- und Rassenvielfalt e.V., gelernte Krankenschwester, PTA und Grafikerin. Doch heute schreibe ich Ihnen nur als bestürzte Züchterin.
Ich vermute, Sie können es sich sicherlich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man alles in seine Tiere investiert, was man besitzt, Liebe, Zeit, Geld, Urlaub, um eine alte Rasse, um eine alte genetische Ressource, von der es nur noch wenige Tiere gibt, und von der letztendlich auch die Wirtschaftsgeflügelindustrie profitiert, am Leben zu Erhalten.
Wenn man im Winter bei Eiseskälte und Schnee mehrmals täglich das Wasser wechselt und Tränken auftaut, weil diese trotz Tränkenwärmer immer wieder zufrieren, und Bruteier halbstündlich einsammelt, damit diese nicht zu kalt werden, und die Embryonen absterben. Wenn man die Eier dann in der Brutmaschine ausbrütet, und hofft, dass möglichst viele Eier befruchtet sind, und aus vielen der befruchteten Eier dann gesunde Küken schlüpfen.
Wie man fasziniert stundenlang vor der Brutmaschine sitzt, auch nach vielen Jahren der Zucht, und das werdende Leben mit Staunen betrachtet, wie es sich mühsam aus dem Ei herausquält, um dann völlig erschöpft auszuruhen, und um ein paar Stunden später piepsend nach der Glucke (respektive dem Mensch der es versorgt) zu rufen.
Dann hat man so ein kleines Wesen in der Hand und trägt die Verantwortung für das kleine Leben.
' Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.' Der kleine Prinz, Kapitel XXI, Antoine-Marie Roger Graf von Saint-Exupéry
Es wird geimpft, damit es dem Küken an nichts mangelt, und es gesund aufwachsen kann. Der Tierarzt ist nicht gerade um die Ecke, ehrlich gesagt, man fährt 140 km einfache Strecke, weil nur dort der begehrte Impfstoff wartet. Man kauft das beste Biofutter, hält die Einstreu sauber, beschäftigt sich mit den Tierchen, und freut sich, wenn diese handzahm werden, und einem auf die Hand springen.
Das Haus ist staubig, denn die Küken wachsen die ersten Wochen, bis der Impfschutz ausgebildet ist, im speziell ausgebauten, und vom Amtstierarzt für gut befundenen Kükenkeller auf. Aber das ist egal. Man putzt den Staub weg, und am nächsten Tag ist es wieder staubig. Aber wenn man die Tiere betrachtet, und einem das Herz aufgeht, was bedeutet dann die ganze Arbeit, das Geld, die Zeit?
Die Tiere wachsen und gedeihen, man erfreut sich daran, dann kommt der Frühling, die Tiere leben mittlerweile draußen im Kükenstall und machen Ausflüge in den Garten. 4000 m² Wiese für die Tierchen, mit Bäumen und Sträuchern für Schatten. Die Tiere sind glücklich und ich bin es auch.
Mit Staunen stellt man fest, wie schnell die kleinen Küken zu wunderschönen Rassetieren herangewachsen sind. Man kommt mit Freude von der Arbeit, denn es warten... die Tiere, die einen schon freudig begrüßen.
Der eigene Garten - Urlaub Zuhause, bei und mit den Tieren.
Was könnte schöner sein?
Die Tiere sind einem ans Herz gewachsen, sie sind nicht nur einfache Nutztiere sondern für viele Züchter auch Familienmitglieder, Trost bei Traurigkeit, Einsamkeit, im Alter, und Therapie bei Krankheit.
Der Herbst folgt, die Ausstellungen beginnen, die Tiere sind vital und prächtig, und werden prämiert, man ist stolz.
Doch dieses Jahr sollte alles anders kommen. Die Vogelgrippe, mal wieder.
Und immer bricht sie in den hochgesicherten Massentierställen aus.
Die Ställe, die gesichert sind, wie Fort Knox, mit Schleusen und ohne Tageslicht, mit Lüftungsanlagen.
Und immer sind es die Wildvögel, die das Virus übertragen. Sind es die Wildvögel, die das Virus übertragen?
Heute weiß man, dass aus den Großställen der Massentierhaltung die multiresistenten Keime entspringen, die die Menschen krank machen, die in den Krankenhäusern für größte Probleme sorgen. Salmonellen im Bestand? Das sollte eigentlich nicht sein, wenn die Tiere geimpft sind. Doch es tritt immer wieder auf. Und auch das Fleisch dieser Tiere landet im Lebensmittelkreislauf. Zwar nicht als Frischfleisch, aber durchgegart als Fertigprodukt in der Tiefkühltruhe.
Vielleicht ist das AI Virus auch allgegenwärtig in diesen Beständen? Wer weiß das schon?
Wenn immer nur einseitig geforscht wird, und man die Verkettung zwischen den Behörden und Unternehmen betrachtet, kommen einem schon Zweifel und Gedanken.
Warum werden nicht einmal die Wirtschaftswege verfolgt? Eine durchgehende Beprobung aller Tiere aus diesen Ställen?
Warum müssen in Deutschland Küken ausgebrütet werden, die dann mit dem Flugzeug ins Ausland verbracht werden, und warum brauchen Deutsche Putenmäster Futter aus Asien?
Hat die Marktwirtschaft mit Import und Export einen so hohen Stellenwert?
Vor den kleinen Züchtern, die die Rassen erhalten.
Nun, jetzt haben wir also wieder Stallpflicht. Wir halten uns natürlich daran, denn solange die Infektionswege nicht klar sind, wollen wir unsere Tiere nicht gefährden mit dem Virus.
Doch durch das Einsperren gefährden wir die Tiere erst Recht, denn wir schwächen das Immunsystem. Unsere Tiere sind Luft und Sonne, Wind und Wetter gewohnt, und sie brauchen Bewegung.
Das ist staatlich verordnete Tierquälerei. Schweren Herzens landen die Hähne, die sich zwangsläufig anfangen zu streiten, in der Gefriertruhe, damit die Hennen im Stall mehr Platz haben. Die Hennen werden nervös, und fangen an sich zu picken und zu kannibalisieren. Das ist schon sehr traurig.
Denn die Zuchtpläne werden zudem auch noch durcheinander geworfen. Züchte ich überhaupt dieses Jahr, werde ich weiter Tiere halten - können?
Ja, die Tiere sind gefährdet. Doch nicht nur das Virus stellt eine Gefahr dar. Auch die Menschen. Die, die die Tiere keulen möchten. Auch das möchten wir nicht.
Die Ställe sind vergittert und vernetzt, wir wechseln die Kleidung, desinfizieren Hände und Stiefel, tragen Einweghandschuhe und Schuhüberzieher, ja, wir halten uns an die Vorschriften.
Und obwohl wir uns alle an diese Vorschriften halten, breitet sich das Virus weiter aus. Bringen diese Vorschriften denn dann überhaupt etwas?
Quälen wir uns und unsere Tiere dann nicht zu Unrecht?
Und dann passiert so etwas wie in Schwante, wo die Besitzer eine artgerechte Haltung für ihr Ziergeflügel ins Auge fassen: das Ende vom Lied, die Tiere sind alle tot.
Nein, so etwas ist nicht zu ertragen, nicht für uns Außenstehende, und erst recht nicht für die Betroffenen.
Dazu noch die vielen vorsorglich gekeulten Tiere aus den Ställen der Fleischindustrie, Putenküken in Soest. Es bricht einem das Herz, wenn man es liest, sieht, hört.
Und jetzt die Tiere in ihrem Landkreis, in Wörth.
Die Halter wollten das Beste für ihre Tiere, und nun stehen sie kurz davor, alles zu verlieren, was sie lieben, was ihnen etwas bedeutet, was ihr Leben ausmacht.
Wenn diese Tiere sterben, stirbt ein Teil der Menschen, sie verlieren Sinn und Halt in ihrem Leben, gerade die Älteren.
Das wird ein Schlag, von dem sich viele nicht mehr erholen würden.
Können Sie so etwas verantworten?
Es gilt, das zu verhindern. Wenn es jemand verhindern kann, dann sind SIE es.
Das Gesetz sieht vor, dass Tiere, wenn es sich um ein niedrigpathogenes Virus handelt, nicht zwangläufig gekeult werden müssen.
So hat es mir unser Amtsveterinär mitgeteilt.
Wären die Tiere in Wörth mit einem hochpathogenen Virus infiziert, wären alle Tiere innerhalb kürzester Zeit verendet.
Doch sind sie das? NEIN, sie sind klinisch gesund, zeigen keine Anzeichen einer Erkrankung.
Ich bin mir sicher, dass wenn man ALLE Tiere in Deutschland testen würde, Wildvögel genau so wie domestizierte Vögel, latent viele Antikörper in ihrem Blut aufweisen würden.
Und warum? Weil sich ihr Körper, ihr Immunsystem mit den Krankheitserregern erfolgreich auseinandergesetzt hat.
Antikörper sagen nichts aus über den aktuellen Infektionsstatus.
Das weiß man sowohl von Impfungen als auch von durchgemachten Infektionen beim Menschen. Warum bekommt man einige Infektionskrankheiten nur einmal? Weil der Körper nach überstandener Infektion Antikörper gebildet hat, die ihn vor der Erkrankung schützen.
Beim Geflügel ist es nicht anders.
Ich bin mir auch sicher, dass nicht einmal ein Bruchteil der 'positiven Beprobungen' wirklich 'positiv' waren.
Ich kann es zwar nicht beweisen, aber theoretisch lässt es sich gut berechnen:
DAS SINNLOSE TÖTEN GESUNDER TIERE
Oder: warum ein ELISA Test wenig aussagekräftig ist, und nur ein
zweistufiger Test (engl. two-tiered test) wie ELISA + Western Blot, annähernd zuverlässige Ausagen zulässt.
Man kann davon ausgehen, dass der zuerst angewandte ELISA Test / oder ähnlicher einem Screeningtests entspricht, und so gut wie keine falsch-negativen Ergebnisse dafür aber zu viele falsch-positive Ergebnisse liefert.
Warum führt man dann nicht gleich einen anderen Test durch?
Western Blots sind u.a. arbeitsintensiv und teuer, im Gegensatz zum Elisa.
Beim Elisa-Test liegt die Sensitivität bei 99,7 %. Dies bedeutet, dass mit dieser Methode nur 3 von 1.000 tatsächlichen Infektionen unentdeckt bleiben.
Die Spezifizität des Elisa-Tests, und damit die Wahrscheinlichkeit bei Nicht-Infektion ein negatives Testergebnis zu bekommen (was man im Normalfall eigentlich erwarten würde) beträgt 98,5 %.
1,5 % der Ergebnisse sind also falsch positiv.
Doch was bedeutet das für die Praxis.
Dazu stellen wir einmal eine ganz einfach Rechnung auf, um einmal darzustellen was das für die Bewertung der Aussagekraft des Elisa Tests bedeutet. Dazu gehen wir einmal von einer Prävalenz von 0,1% aus, das bedeutet, 1 von 1000 Tieren ist infiziert, und das ist jetzt wirklich schon sehr hoch gegriffen, wenn man die Fallzahlen in Deutschland betrachtet. Zumeist ist die Prävalenz noch viel geringer.
Stellen wir uns dazu vor, es werden 1 Million Tiere mit Hilfe des Elisa Tests auf die Vogelgrippe getestet.
1.000 davon sind tatsächlich mit AI infiziert und 999.000 nicht.
Von den 1.000 infizierten Tieren wird bei 997 das Testresultat positiv sein.
Bei den Nicht-Infizierten Tieren werden im Schnitt von je 1.000 Tieren 15 positiv getestet werden, das entspricht 15 x 999 = 14.985 von 999.000 Tieren.
Zusammen ergibt das 997 (richtig positive) + 14.985 (falsch positive) = 15.982 Tiere mit positivem Testergebnis. Aber nur 1.000 Tiere von den 15.982 positiv getesteten Tieren tragen den Erreger wirklich in sich.
Das bedeutet im Klartext: nur eines von 16 der positiv getesteten Tieren ist wirklich mit dem AI Virus infiziert, das entspricht nur 6 Prozent aller positiv getesteten Tiere.
94% positiv getestete Tiere sind somit falsch positiv getestet und überhaupt nicht krank!
Wir Züchter fühlen uns verraten und verkauft.
Im Grunde genommen reicht es aus, sich gegen die Aufstallpflicht aufzulehnen, um seine Tiere in Gefahr zu bringen.
Im günstigsten Fall wird die Ausnahmegenehmigung erst gar nicht erteilt. Im schlimmsten Fall passiert das, was Wörth bevorsteht.
Die Tiere konnten nicht aufgestallt werden, und wurden zwangsweise beprobt, und es wurden vereinzelte Tiere positiv beprobt.
Daher droht jetzt allen Tieren der Tod.
Ich bin mir sicher, dass viele Wähler diese Massaker mit in ihren Wahlentscheidungen der bevorstehenden Wahlen mit einfließen lassen werden!
Sie sind verzweifelt, enttäuscht, und fühlen sich im Stich gelassen.
Wäre ich einer der betroffenen Züchter in Wörth, ich würde meine Tiere mit meinem Leben verteidigen.
Ich bitte Sie, im Namen dieser Menschen und ihrer Tiere, zeigen Sie, dass Sie ein Herz haben, und verschonen Sie die Tiere und verhindern sie dieses sinnlose Morden.
Zeigen Sie, dass Sie ein würdiger Vertreter der Menschen und Tiere in ihrem Landkreis sind!
Die Menschen müssen täglich so viel Leid ertragen, schlimme Nachrichten erschüttern permanent unsere Welt, helfen Sie, eine weitere schlechte Nachricht zu verhindern, und setzen SIE mit Ihrer Entscheidung zum Wohl der Tiere ein Gegenstatement.
Melani Marfeld