Gendefekt: Vitiligo

(Synonyme: DAM / Delayed-Amelanotic / Delayed Amelanisation / Melanocyte Dysfunction)

So manchem Hühnerhalter bot sich nach der Mauser seiner Tiere eine Überraschung. Sein vor der Mauser farbiges Huhn war nach der Mauser weiß oder hatte große weiße Federareale, wo vorher farbige Federn waren. So etwas kann vielfältige Ursachen haben, genetische oder fütterungsbedingte.

Eine der Ursachen ist Vitiligo bei Hühnern 

 

 

Foto: Vorwerk Henne nach der Mauser mit weißen Federarealen aufgrund von Vitiligo. (Das Foto wurde mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt.)

DAM kann direkt nach dem Schlupf auftreten oder auch erst nach der ersten Mauser.

DAM ist eine multifaktorielle, hypopigmentäre Erkrankung, die durch das Auftreten weißer Federn aufgrund des Verlustes funktionsfähiger pigmentbildender Zellen (Melanozyten) durch autoimmune Zerstörung gekennzeichnet ist. 

Die zugrunde liegenden Ursachen sind vielfältig, und schließen genetische, immunologische, metabolische, und umweltbedingte Faktoren ein.

So können im Rahmen einer Autoimmunerkrankung Antikörperbildung gegen Melanocyten gebildet werden. 

 

Genetisch Vitiligo-anfällige Hühner entwickeln nach dem Schlupf einen spontanen autoimmunen Verlust der Federpigmentierung (SLV), wobei sich die Störung bei 80-95% der Tiere im frühen Erwachsenenalter zeigen.

Die Entwicklung und Progression der Erkrankung ist verbunden mit der Infiltration von einkernigen Leukozyten in das Zielgewebe (Federpulpa), der melanozytenspezifischen humoralen und zellvermittelten Immunität und einem erhöhten Grad an oxidativem Stress. 

Die Infiltration der Federpulpa mit einkernigen Leukozyten korreliert mit dem Ausmaß der lokalen Pigmentstörung.

 

Cytochemische Lokalisierungen von Dopa-Oxidase- und Säure-Phosphatase-Aktivitäten in DAM-Federmelanozyten legen nahe, dass Melanogenese und Autophagozytose von Melanosomen gleichzeitig auftreten und dass die Raten beider in diesen Zellen höher sind als in Melanozyten von normal pigmentierten Hühnern.

 

Bei Hühnern existiert eine autoimmun bedingte verzögerte Amelanose (DAM) mit postnataler Federamelanose und schweren Sehstörungen, die vermutlich beide auf eine Funktionsstörung der Melanozyten (Melanozytendefekt) und eine nachfolgende Autoimmunreaktion zurückzuführen sind, die Pigmentzellen eliminiert.

Es gibt aber auch Tiere mit nur partieller Depigmentierung und fehlender Sehbehinderung.

Die schwerste Form, der Albinismus, ist gekennzeichnet durch vollständige Amelanose und irreversibler Blindheit.

Die degenerativen Ereignisse bei dieser schwersten Form der Amelanose deuten auf einen vom Immunsystem unabhängigen genetischen Defekt hin.

 

DAM kann auch virale Ursachen haben: so konnte die Routineimpfung mit lebendem Putenherpesvirus am Schlupftag gegen das Lymphom verursachende Marek-Virus als auslösender Umweltfaktor im Zusammenhang mit dem Auftreten von Vitiligo identifiziert werden.

 

Das Auftreten von Vitiligo benötigt neben den o.g. Ursachen noch einen weiteren Auslöser.

Eine Erkältung oder Stress während der Mauser reicht dabei als Auslöser aus.

Grundsätzlich greift das Immunsystem bei Aktivierung alle Melanozyten in den Federn an.

Melanozyten synthetisieren Melanin aus der Aminosäure Tyrosin, die in den meisten Proteinen vorkommt, durch enzymatische Oxidation (enzymatische Bräunung).

Tyrosin ist somit die Ausgangssubstanz für die Biosynthese von Melanin.

Die Bildung von Melanin fordert neben der Anwesenheit der Aminosäure Tyrosin auch das Enzym Tyrosinase.

Die Biosynthese von Tyrosin erfolgt aus der essentiellen Aminosäure Phenylalanin, eine Beeinträchtigung dieses Weges kann vielfältige Defekte auslösen.

Melanine sind dunkelbraune bis schwarze (Eumelanin) oder gelbliche bis rötliche (Phäomelanin) Pigmente, die die Färbung der Haut, Federn und Augen bewirken. Während viel Tyrosin für schwarzes und rotes Pigment in der Feder sorgt, führt wenig bis kein Tyrosin zu gelb (buff) und weiß. Die Abwesenheit jeglicher Pigmente führt zu einem komplett weißen Gefieder.

 

Wenn eine Unterversorgung mit Phenylalanin / Tyrosin z.B. aufgrund einer Mangelernährung durch Fütterungsfehler der Entfärbung der Federn ursächlich zugrunde liegt, kann mit der nächsten Mauser die Farbe in den Federn zurückkehren, eine  Blindheit hingegen ist nicht umkehrbar.

Ein typisches Phänomen einer Unterversorgung mit pigmentbildenden Aminosäuren ist Schilf in den Schwingen vor allem bei Hähnen. Liegen die Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin in einer zu geringen Menge im Futter vor, wird zu wenig Melanin produziert, um die Federn komplett einzufärben. Daher ist gerade während des Federwachstums bei Hähnen auf eine ausreichend hohe und hochwertige Eiweißzufuhr zu achten.

 

 

Hier sieht man noch einmal die Vorwerk Henne vor und nach der Mauser.


Gendefekt: Asiatische Gefiederbremse

Bei der Asiatischen Gefiederbremse handelt es sich nicht, wie man vielleicht meinen könnte, um ein Insekt, sondern um eine genetische Disposition für eine schlechte Erstbefiederung der männlichen Küken, die durch dominante, gonosomale (Geschlechtschromosomen gebundene) Gene, bedingt wird (K, Ks, Kn), die auf dem Z-Chromosom liegen (SF - Slow Feathering).

Das Gen K verursacht eine allgemeine verspätete Befiederung (man findet es hauptsächlich bei den asiatischen Rassen).

Das Gen Ks bedingt eine retardierte Befiederung während der ersten 12 Wochen.

Das Gen Kn bewirkt eine Retardierung der Befiederung bis das Tier ausgewachsen ist, kann zu einer Verhinderung der Kammausbildung führen und auch eine Atrophie der Bürzeldrüse bewirken.

Man diskutiert einen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein des K-Gens und dem gehäuften Auftreten von Leukose (ALV - aviäres Leukose Virus) aufgrund einer Interaktion verschiedener Gene (spez. dem EV21).

Das rezessive, gonosomale Allel (k+) bedingt eine schnelle Befiederung (RF - Rapid Feathering).

Betroffen von der Asiatischen Gefiederbremse sind vor allem Hähne asiatischer Rassen (zu denen auch die Dt. Lachshühner gehören) mit einem Gewicht über 2,5 kg.

Die Asiatische Gefiederbremse ist eine genetisch bedingte Retardierung der Befiederung, vornehmlich eine schlechte Befiederung von Junghähnen.

Fotos: junger Lachshahn mit Gefiederbremse

(vermutlich durch rezessives, autosomal bedingtes Gen t)

(Kein Schwanz, 6 stark verkürzte Handschwingen und keine Armschwingen im Alter von 10 Tagen)

Hähne befiedern im Normalfall auch ohne Asiatische Gefiederbremse (also ohne das Vorhandensein von K, Ks und Kn) langsamer als Hennen.

Während eine gleichaltrige Henne schon fast voll befiedert ist, zeigen sich beim Hahn hingegen erst die ersten Schwungfedern bei ansonsten gleichzeitig mit wenig Flaum behafteten, oder kümmerlich befiedertem Körper.

Foto: junger Lachshahn in wsc ohne Asiatische Gefiederbremse (nur später befiedert als gleichaltrige Hennen)

Solche Tiere benötigen mehr und länger Wärme (z.B. in Form einer Wärmeplatte), da die Körpertemperatur nur von einem komplett ausgebildeten Gefieder gehalten werden kann, und Tiere mit einem nicht kompletten Gefieder schneller auskühlen.

Nichts desto trotz werden auch diese Tiere letztendlich ein komplettes Federkleid aufweisen.

Diese Eigenart bezüglich der langsamen Befiederung der Hähne kann man sich zunutze machen, um das Geschlecht der Küken frühzeitig zu bestimmen.

Neben der Asiatischen Gefiederbremse gibt es auch noch rezessive, autosomale (körpergebundene) Gene, die eine Gefiederbremse verursachen können (t, ts).

Das Gen t bewirkt eine langsame, aber weniger verzögerte Befiederung, bis zum Alter von ca. 6 Wochen.

Das Gen ts bewirkt eine deutlich verzögerte Befiederung, bis zum Alter von ca. 8 Wochen und darüber hinaus.

Das dominante, autosomale (körpergebundene)Gen (T+) bedingt eine normale und schnelle Befiederung.

Normal befiederte Küken tragen die Gene k+ und T+.

 

Beurteilung über das Vorhandensein von K, Ks, Kn, k+, t, ts und T+ (Genotyp) anhand des Phänotyps:

Im Alter von 10 Tagen

  • haben genetisch gesunde k+/T+ Küken einen ca. 2 cm langen Schwanz und Schwingen, die den Körper fast bis zum Schwanz bedecken
  • K, Ks, Kn Küken haben keinen Schwanz und nur schlecht entwickelte Schwingen
  • k+, t Küken haben keinen Schwanz, 6 stark verkürzte Handschwingen und keine Armschwingen
  • k+, ts Küken haben keinen Schwanz aber nur 3 - 4 normal entwickelte Handschwingen

 

Im Alter von 8 Wochen

  • haben genetisch gesunde k+/T+ Küken einen Schwanz, der sich von der Mitte aus befiedert
  • Küken mit Gefiederbremse (K, Ks, Kn, t, ts) haben ausgefranste Schwanzfedern, die an der Basis weicher sind

 

Um eine Ausbreitung der Asiatischen Gefiederbremse zu vermeiden, sollte man mit solchen Tieren nicht züchten, da sich die langsame Befiederung dominant vererbt.

Die Asiatische Gefiederbremse hat auch noch andere Folgen: Flügellücke (fehlende Axialfeder), mangelhafte Axialfeder, Kipp- oder Scherenflügel, kurze Sicheln und Nebensicheln, verlängerte Mauser können auftreten.

Bei der Flügellücke fehlt die Axialfeder.

 

Geschlechtschromosomen gebundene Vererbung

 

Während Menschen ein XY/XX-System haben, haben Hühner ein ZW/ZZ-System.

XY/XX-System: Frauen haben zweimal das gleiche Geschlechtschromosom, nämlich zwei X-Chromosomen. Sie sind daher bezüglich der Gonosomen homozygot. Männer haben hingegen ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom. Diesen Zustand nennt man hemizygot. Von der Mutter wird also immer ein X-Chromosom weitergegeben, vom Vater entweder ein X- oder ein Y-Chromosom. Alle anderen Chromosomen, die Autosomen, sind in jeweils zwei Kopien vorhanden.

ZW/ZZ-System: im Gegensatz zu den Menschen sind bei den Hühnern beim ZW/ZZ-System die Hennen hemizygot, sie haben ein W- und ein Z-Chromosom, während die Hähne zwei Z-Chromosomen haben. Daher wird das Geschlecht der Küken auch von den Hennen bestimmt, und nicht vom Hahn.

Bei Tierarten mit ZW/ZZ-System sind die weiblichen Tiere häufiger von geschlechtsgebundenen Erbkrankheiten betroffen, da sie nur eine Kopie des Z-Chromosoms besitzen.

Im Falle der Asiatischen Gefiederbremse sind jedoch fast ausschließlich Hähne betroffen, die die entsprechenden Gene (K, Ks, Kn) auf dem Z-Chromosom tragen.