Hilfe - meine Hühner fressen Eier

Hilfe - meine Hühner fressen Eier. Und jetzt? Kopf ab, Problem gelöst? Was früher eine gängige Empfehlung war, ist nicht nur grundlegend falsch, sondern heute auch als zutiefst unethisch zu betrachten. Denn die Ursache für das Eierfressen liegt selten am Huhn allein, dafür aber oft an Haltungsfehlern, und da hilft nur Ursachenforschung um das zugrundeliegende Problem zu lösen.

 

Doch warum fressen Hühner eigentlich ihre eigenen Eier?

Handelt es sich um ein genetisch bedingtes  Fehlverhalten oder um eine schlechte Angewohnheit?

 

WER WAR ES - auf frischer Tat ertappt

Die Legeleistung sinkt auf unerklärliche Weise, und man hat keine plausible Erklärung. Dann steckt bestimmt ein Eierdieb dahinter. Den oder die Eierfresser in einer Herde kann man übrigens leicht  durch das mit Eigelb verschmutzte Gefieder im Gesicht und Brustbereich und Resten vom Eigelb am Schnabel identifizieren. Es muss nicht immer eine Henne sein, auch Hähne verschmähen ein (kaputtes) Ei nicht.

Nun gilt es die Ursachen für das Auftreten von Brucheiern oder das Verhalten des Eierpickens, also das gezielte Zerstören von eigentlich heile gelegten Eiern, herauszufinden.

 

WAS IST PASSIERT - die Initialzündung / der Auslöser

Zunächst einmal verschwendet die Natur keine so wertvolle Ressource wie ein Ei mit all seinen hochwertigen Nährstoffen. Jedes Tier, und somit auch ein Huhn, wird diese Ressource nutzen, wenn sie sich förmlich anbietet. Dieser Impuls ist genetisch fest verankert, und verhindert in der Natur Verschwendung, das Anlocken von Fressfeinden und die Entstehung und Ausbreitung von Keimen. So werden im Nest nicht nur zerbrochene Eier, sondern auch unbefruchtete Eier und abgestorbene Küken aufgefressen. 

Hühner sind von Natur aus Allesfresser, und Eier sind nicht nur ausgesprochen nahrhaft, sondern auch eine echte  Delikatesse. Bis sie das erste mal ein Ei kosten, wissen Hühner allerdings nicht, dass Eier köstlich schmecken. Zerbricht nun durch Zufall ein Ei, wird es gekostet. Und da Hühner neugierig sind gesellen sich schnell weitere Hühner dazu um zu sehen, was es gutes gibt, und kommen gleich auch auf den Geschmack. 

Im schlimmsten Fall werden später gezielt heile Eier angepickt und mutwillig zerstört, um an den begehrten Inhalt zu gelangen.

Diese Erfahrung ist oft der auslösende Faktor, aber nicht die zugrundeliegende Ursache. 

  • ein zerbrochenes Ei wird durch Zufall gekostet und aufgrund des Geschmackes und der Nährstoffdichte für gut befunden (Erfahrung) 
  • die Hühner lernen in der Folge, dass sie die Eier durch Picken zerstören und den Inhalt fressen können (erlerntes Verhalten, klassische Selbstkonditionierung)
  • Hühner, die bereits einmal Eier gefressen haben, neigen eher dazu, dies wieder zu tun. Der köstliche Geschmack und die positive Erfahrung, dass sie die Eier zerstören und essen können, verstärken das Verhalten, es kann sich sogar eine geschmackliche Vorliebe für Eier entwickeln (Verhaltensverstärkung)

DARAN LIEGTS - Ursachen des Eierfressens

  • Nährstoffdefizit Mineralstoffmangel: ein Vitamin D- und/oder Calciummangel durch eine unausgewogene oder falsche Fütterung der Hennen (z.B. durch eine reine Körnerfütterung) kann zu Gesundheitsstörungen mit dünnen und brüchigen Eierschale führen. Denn Vitamin D fördert die Calciumaufnahme aus dem Darm. Fehlt Vitamin D, herrscht auch gleichzeitig ein Calciummangel im Körper der Henne. Und Calcium ist ein wichtiger Baustein für Knochen und Eierschalen und ganz besonders während der Mauser unabdingbar.
  • Nährstoffdefizit Eiweißmangel: eine nicht dem Alter entsprechende und an die Haltungsform der Tiere angepasste Fütterung kann zu einem Eiweißmangel führen, ein Ei ist dann eine verlockende Mahlzeit um den Mangel zu beheben.
  • Wassermangel wird oft unterschätzt, aber gerade in der warmen Jahreszeit benötiget eine Henne mehr als 500 ml Wasser täglich. Steht keine ausreichende Menge an Wasser zur Verfügung, greifen die Tiere in ihrer Not auch auf die eigenen Eier zurück, um ihren Durst zu stillen.
  • der Mangel an bestimmten Nährstoffen ist umso größer, wenn man im Winter die Eiproduktion durch lange Beleuchtungszeiten im Stall künstlich hochfährt, wenn die Hennen normalerweise die Eiproduktion aufgrund der Jahreszeit herunterfahren würden.
  • Haltungsfehler wie Stress durch zu hohe Besatzdichte, Langeweile durch fehlende Beschäftigung, zu wenig Einstreu zum Scharren oder zu wenig Auslauf können Hühner zum Eierfressen als neue Form der Beschäftigung veranlassen. 
  • zu wenige oder falsche Legenester mit unzureichender Polsterung / Einstreu können zum zerbrechen der Eier führen.
  •  das Verfütterung von Eiern oder Eierschalen führt dazu, dass Hühner das Eierfressen als eine Art der Futterquelle erlernen und ein gezieltes Verlangen nach dieser Delikatesse entwickeln. Der Mensch hat also ungewollt dieses Verhalten ausgelöst.

DAS HILFT - Tipps zum Abgewöhnen des Eierfressens

Das Primäre Ziel ist, den Hennen kein Erfolgserlebnis durch das Eierfressen zu erlauben

 

1. Mögliche Ursachen beheben, denn sind die Ursachen abgestellt, ist das Problem im Normalfall wortwörtlich 'gegessen'.

  • Für eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit Legemehl oder Pellets sorgen und regelmäßig Muschelschalengrit und Mineralfutter zur freien Verfügung anbieten. Auch tierische Proteine wie getrocknete Insekten, und frisches Obst und Gemüse decken den Bedarf.
  • Ein Pickstein versorgt die Hühner nicht nur mit Mineralien, sondern befriedigt auch ihr Bedürfnis, an etwas zu picken. Gleichzeitig wird dadurch noch der Schnabel in Form gebracht.
  • Für Zugang zu ausreichend frischem Wasser sorgen.
  • Eier oder Eierschalen sind wertvolle Nährstofflieferanten, diese sollten jedoch nie als ganzes verfüttern werden, sondern nur fein zerkleinert und/oder mit dem gewohnten Hühnerfutter vermischt.
  • Für genug Zugang zu Außenklima sorgen, da Vitamin D im Körper durch Sonnenlicht gebildet wird. Alternativ eine ausreichende Vitamin D Zufuhr über die Nahrung sicherstellen.
  • Für ausreichend Scharrmöglichkeiten, genügend Auslauf und Beschäftigung sorgen, um das artgerechte Verhalten der Tiere zu fördern. Einige Futtermittel wie z.B. ein großer Kürbis, eine halbierte Wassermelone, oder eine große Zucchini/Gurke sorgen nicht nur für eine langdauernde Beschäftigung sondern liefern auch wertvolle Nährstoffe.
  • Keine zu hohe Besatzdichte in den Ställen, für Ruhe sorgen durch wenig Tiere und die Auswahl miteinander verträglicher Hühner(rassen).
  • Keine überlangen Beleuchtungszeiten im Winter im Stall, es sollte nur eine ausreichende Nahrungsaufnahme gewährleistet sein, ohne die Eiproduktion künstlich anzukurbeln, dabei ist auch auf die richtige, flackerfreie Beleuchtungsquelle zu achten.
  • Die Legenester sollten gut gepolstert sein, geschützt und etwas abgedunkelt stehen. Man kann auch Abrollnester verwenden, damit die Eier nach dem Legen aus dem Blickfeld der Hühner verschwinden. Hilfreich ist es auch, die Eier möglichst zeitnah abzusammeln. Denn was aus dem Nest genommen wurde, kann nicht mehr gefressen werden.

2. Der verhaltenstherapeutische Ansatz bei Fehlverhalten, denn schlechte Angewohnheiten lassen sich wieder ändern.

  • Da Hühner das Eierfressen erlernen können, können sie es auch wieder verlernen.  Eine *Expositionszentrierte Verhaltenstherapie" mit Kunststoff- oder Gipseiern ist dabei oft erfolgreich, ein neues erwünschtes Verhalten zu etablieren. Das Umlernen der unerwünschten Verhaltensweise "Eierfressen" erfolgt durch die Auflösung des erlernten Zusammenhanges zwischen dem Reiz (Ei) und der Reaktion darauf (Eierfressen) durch eine neue, negative Erfahrung (Misserfolg). Dazu werden die frisch gelegten Eier gegen Gipseier ausgetauscht. Versucht das Huhn nun das Gipsei mit dem Schnabel aufzubrechen, und ist das Picken mehrfach nicht von Erfolg gekrönt (Misserfolg), ist das Huhn frustriert, es erfolgt eine Umkonditionierung. Die Verknüpfung von am Ei und Eierfressen wird gelöscht. Je öfter sich ein Misserfolg einstellt, umso stärker wird die neue Konditionierung, und das Huhn verliert das Interesse am Eierfressen. Das hilft übrigens bei Hennen ebenso wie bei Hähnen.
  • In hartnäckigen Fällen helfen scharfe Tabasco-Chili-Senf Eier, dazu werden Eier ausgepustet und mit scharfem Senf und Chilisauce gefüllt ins Nest gelegt. Hühner verfügen zwar nur über einen schlecht ausgeprägten Geschmackssinn, aber spüren im Körper eine unangenehme Wärme nach dem Verzehr (zu erkennen am knallroten Kamm), das führt dazu, dass die Hennen eine negative Erfahrung mit dem Eierfressen verknüpfen (operante Konditionierung). Scharfe Eier sind nichts gesundheitsschädlich und fügen den Tieren keinen Schaden zu.

3. No-Gos - das bringt nichts.

  • Mit dem Einsetzen der nächsten Mauser ist das Problem meist eh passé, und die Hennen haben ihre Unart vergessen. Dennoch ist das Herbeiführen einer Zwangsmauser durch Licht-, Futter- und Wasserentzug, um die Legetätigkeit zu unterbinden nicht nur nicht zu empfehlen, da es einen enormen Stress für den Körper der Tiere bedeutet, sondern in der ökologischen Landwirtschaft auch verboten. Und wer möchte seinen Tieren schon schaden?
  • Die Hühner zu bestrafen bringt auch nichts, sie verstehen den Zusammenhang nicht. Im Gegenteil - eigentlich sollte man ihnen für ihr Feedback dankbar sein, denn sie zeigen, dass etwas im Stall  oder mit der Versorgung nicht stimmt.

Hängen Eierfressen und Federfressen zusammen? Beim Eierfressen handelt es sich um einen Vitamin D- und Calciummangel, beim Federfressen hingegen um einen Methionin- und Mineralstoffmangel.