Inzuchtdepression und Heterosis-Effekt 

Leistungsminderung und Krankheitsanfälligkeit durch Inzuchtlinien und wie man gegensteuern kann.

Während Inzuchtdepression durch einen zunehmend engeren Genpool mit einer starken Leistungsminderung und höheren Krankheitsanfälligkeit der einzelnen Individuen gekennzeichnet ist, sowie einer Degeneration der Gesamtpopulation, bewirkt das Einkreuzen von Fremdlinien eine deutliche höhere Leistungsfähigkeit der Kreuzungstiere (Hybriden) in der ersten Filial-Generation (F1) als die durchschnittliche Leistungsfähigkeit beider Elterntierrassen (Parental-Generationen). 

Diesen Effekt nennt man Heterosis-Effekt.

Der Heterosis-Effekt äußert sich beim Geflügel durch frohwüchsigere, vitalere, leistungsstärkere Individuen, schnellere und höhere Gewichtszunahme und eine höhere Legeleistung.

Da die Lachshühner in der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Rassen gelistet sind, kann man davon ausgehen, dass der Genpool bei dieser Rasse mittlerweile recht klein ist.

 

Durch den Verlust einzelner Allele der ursprünglichen Rasse ist auch ein Teil der genetischen Vielfalt dieser Rasse mittlerweile verloren gegangen, und so entsteht durch Verpaarung auch nicht näher miteinander verwandte Tiere aufgrund der genetischen Einheitlichkeit der Gesamtpopulation der Lachshühner Inzucht.

Die biologischen Diversität (genetische Vielfalt) der Dt. Lachshühner wird schon seit Jahren auch vom WGH (Wissenschaftlicher Gefluegelhof des BDRG / Bruno-Düringen Institut) untersucht.


Eine sehr hohe Reproduktionsrate mit sehr starkem Selektionsdruck auf Vitalität kann die Inzuchtdepression einer Population durch Elimination aller negativen Allele unter bestimmten Voraussetzungen überwinden. Dieses Phänomen wird als vollständiges Purging (Säuberung) bezeichnet: die durch Inzucht bedingte, erhöhte Anzahl an homozygoten Allelen übersteht die Selektion im Gegensatz zu den heterozygoten, und somit vitalen Allelen nicht.

Bei Hühnern wurde dieses Phänomen allerdings noch nicht beschrieben.

Wie kann man sich nun den Heterosis-Effekt zunutze machen, ohne sein Zuchtziel aus den Augen zu verlieren?

Eine Möglichkeit ist die Rückkreuzung auf eine der Rassen, aus denen die eigentliche Rasse ursprünglich einmal entstanden ist, und deren Gene mittlerweile größtenteils verloren gegangen sind.

Während beide Rassen (und somit die Parentalgeneration) reinerbig sind, ist die F1 Generation der heterotischen Hybriden mischerbig und homogen.

Bei den Merkmalen 'Vitalität, Frohwüchsigkeit und Produktivität' sind die positiven Allele dominant über die negativen Allen. Durch das Zusammenführen dieser positiven Allele und somit Merkmale beider Elternteile, werden mehr Gene / Genorte positiv besetzt.

Die Dt. Lachshühner haben ihren Ursprung in Houdan, Brahma und Dorking.

Von diesen Rassen sind die Dorking den Lachshühnern rein optisch noch am ähnlichsten.

Die Rückkreuzung der Dt. Lachshühner (1,0 Dt. Lachshuhn lachsfarbig x 0,1 Dorking silberhalsig) brachte schon in der F1-Generation großrahmige, frohwüchsige, vitale und legestarke Hennen sowie äußerst vitale und großrahmige Hähne hervor.

Diese Hybriden ('Dorlas') sind entsprechend der 1. Mendelschen Regel (Uniformitätsregel) im Genotyp heteroyzgot, da sie die jeweils unterschiedlichen Allele eines Gens ihrer homozygoten Eltern, deren Loci (chromosomale Genorte) reinerbig besetzt sind, tragen. 

Als stark mischerbige Individuen verfügen die Dorla-Hybriden mit ihren heterozygot besetzten Loci nun über mehr verschiedene Erbanlagen als reinrassige Individuen, und sind ihnen somit überlegen. Vor allem die Fertilität profitiert davon (Befruchtung durch die Hähne / Eierlegeleistung bei den Hennen).

Negative, rezessive Merkmale fallen somit schon bei der F1 Generation aus.

Durch geschickte Verpaarung und Rückkreuzung der Heterosis-Hybriden auf die Ursprungs-Rasse, kann man den Heterosis-Effekt, der mit jeder weiteren Filialgeneration bei einer Verpaarung der Hybriden untereinander, der 2. Mendelschen Regel folgend, abnimmt, zwar nicht auf dem hybriden Zustand halten, aber immerhin auf einem nicht-inzüchtigen Zustand, bei gleichzeitiger Festigung die Merkmale der gewünschten Rasse.

Ich bedanke mich bei Michael von Lüttwitz, der mich mit seinen anregenden Gesprächen, die wir in Hannover geführt haben, zu diesem Blogartikel inspiriert hat.